Alter - Fluch oder Segen?

Kaum ein Thema ist derart vielseitig, spannend und kontrovers wie das Alter. Wann ist man alt? Sollte man das Altern aufhalten, wenn man könnte? Und ist das Altwerden erstrebenswert oder angsteinflößend? Der Versuch einer Annäherung.

Jeder altert, jeder altert anders

Es gehört zum Menschsein von jeher dazu: der Alterungsprozess. Doch wann werden wir uns diesem bewusst? In der Pubertät, wenn sich Interessen und Ansichten grund­legend ändern? Wenn wir das magische 18. Lebensjahr vollendet haben? Wenn Lebensabschnitte wie Ausbildung, Schule, Studium oder Arbeitsleben enden? Oder ganz profan, wenn wir das erste graue Haar entdecken, die ersten Fältchen oder der Muskelkater plötzlich länger dauert als früher? Sicher ist: Altern tun wir alle. Allerdings mit ganz unterschiedlichen Ausprägungen.

Sollte man gegen das Altern angehen?

Eine schwierige Frage, die letztlich jeder selbst beantworten muss. Entscheidend kann dabei sein, wie sehr die Symptome jemandem zusetzen: Weniger Beweglichkeit oder Ausdauer kann einen aktiven Menschen einschränken – wer dagegen mit mehr Sport, besserer Ernährung und Co. vorgeht, macht prinzipiell alles richtig. Auch, wer Veränderungen, neuen Trends und Technologien gegenüber interessiert und offen ist, bleibt in aller Regel sehr viel „jünger“, als die Jahre vermuten lassen.

Ob man aber jede kleine Veränderung mit aller (kosmetischen) Macht bekämpfen muss, sei dahingestellt. Sonst dreht sich leicht irgendwann alles nur noch um den Kampf gegen das Alter – und das Leben bleibt auf der Strecke. Ganz wichtig ist dabei auch, sich nicht durch angebliche Wundermittel Zeit, Geld und Nerven rauben zu lassen.

Ist das Alter Grund zum Hadern?

Für viele Menschen: Ja. Nicht ohne Grund gibt es Forschungen mit Tieren zu Medikamenten, die den Alterungsprozess verzögern sollen. Ob das ethisch vertretbar ist, wird kontrovers diskutiert. Zu bedenken ist, dass der Prozess des Alterns die Ursache für viele Erkrankungen und Einschränkungen ist. Spannende Entwicklungen gibt es dank dieser Erkenntnis in der Medizin, wo stellen­weise versucht wird, Wege zu finden, den Alterungsprozess selbst aufzuhalten, anstatt die Begleitumstände – sprich Krankheiten – zu bekämpfen.

Auf der anderen Seite bringt das Alter sehr häufig auch viele positive Aspekte mit sich, die nur im Lauf des Lebens gesammelte Erfahrungen erst möglich machen. Ein klares Urteilsvermögen. Ein tieferes Verständnis der eigenen Bedürfnisse, des eigenen Charakters, aber – im Idealfall – auch von seiner Umwelt und seinen Mitmenschen. Eine gewisse Bedachtsamkeit und die Fähigkeit, Ereignisse und Entwicklungen in Relation zu setzen.

Ist lange zu leben erstrebenswert?

Das wiederum kommt – rein individuell ­gesehen –  darauf an, ob das hohe Alter gesund und erfüllt ist. Dass wir Menschen potenziell immer älter werden, hat mit der verbesserten Ernährung und Versorgung zu tun. Der medizinische Fortschritt spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Vergleicht man die Lebensumstände eines durchschnittlichen Europäers im 21. Jahrhundert mit denen im ­ 18. Jahrhundert, werden wir im Schnitt beinahe doppelt so alt wie unsere Vorfahren! ­ Die Kehrseite für die Gesellschaft ist, dass immer mehr Ältere versorgt werden müssen.

Das bedeutet einerseits, dass qualifizierte Pflege­kräfte immer wichtiger werden, andererseits, dass die entsprechenden Einrichtungen und Finanzierungen ermöglicht werden müssen – und, dass die Menschen oft länger arbeiten als in der Vergangenheit. Diesbezüglich stellt die immer älter werdende Gesellschaft eine der größten Herausforderungen unserer Zeit dar – und das kann, wie alles rund ums Alter, sowohl mit Sorge als auch mit Freude fest­gestellt werden.

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Veröffentlicht: 09.07.2021 - Aktualisiert: 27.03.2024